Fachkräftemangel in der Pflege? – Vereinbarkeit als Mitarbeitermagnet.
Das machte mich neugierig und ich habe einfach bei Herrn Calliebe, dem Pflegedienstleiter vom Kreisverband Nürnberg-Fürth nachgefragt.
Wie kamen Sie dazu Mütter zu suchen bzw. wie ist es möglich, dass Ihre angebotenen Arbeitszeiten sich mit der Familie vereinbaren lassen?
Wir haben in Nürnberg ein Team für die Pflege und eines für die Hauswirtschaft. Die Hauswirtschaft, also die Hilfe im Haushalt, lässt sich beispielsweise generell mit Müttern besetzen, da hier keine Schicht gearbeitet wird. Sie beginnen kurz nach acht und haben vor 16.00 Uhr Schluss.
Im Pflegedienst ermöglicht der Zusammenhalt im Team und gute Organisation die Mütterschichten. Der ASB in Coburg hat seit längerem reine Mutter-Kind-Touren, deren Arbeitszeiten nur vormittags und ohne Wochenendschicht sind. Wenn das Team das mitträgt ist alles machbar.
Haben Sie die Wahl zwischen einer weiteren Kollegin, die das Team entlastet, die jedoch nur eingeschränkt arbeiten kann oder gar keiner Unterstützung, so wählen viele Teams die Einstellung einer Kollegin und tragen so die Entscheidung mit.
Wie gehen Sie generell mit Fachkräftemangel um?
Früher haben wir viel über Zeitarbeit geregelt, das mittlerweile allerdings komplett eingestellt wurde. Lieber stellen wir motivierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auch als Minijobber und Teilzeitkräfte ein. Studenten, die nur an ein bis zwei Tagen die Woche arbeiten können, sind bei entsprechender Qualifikation bei uns auch immer im Team willkommen.
Diese vielen Arbeitszeitmodelle machen es uns leichter Personal zu finden, jedoch wird hierdurch auch meine Organisationsfähigkeit mehr gefordert. Ich muss eine langfristige Personalplanung machen und mit meinen Mitarbeitern stets kommunizieren und ihre Bedürfnisse kennen. Wir müssen immer wieder Kompromisse machen um einen für alle machbaren Dienstplan zu erstellen. Wir haben auch einen Wunschdienstplan eingeführt. Bei wichtigen Terminen können die Mitarbeiter hier im Vorfeld ihre Wunschschichten eintragen. Dieser wird allerdings eher sporadisch und nur bei wichtigen Ereignissen, wie Familienfeiern etc. genutzt.
Für Mitarbeiter, die in der Pflege arbeiten möchten, jedoch keinen Führerschein haben, gibt es spezielle Fahrradtouren im nahen Umkreis unseres Standortes. Hierzu hat der ASB Fahrräder und die entsprechende Ausrüstung z.B. wetterfeste Kleidung, angeschafft.
Zusätzlich versuche ich meine Mitarbeiter immer wertschätzend und respektvoll zu behandeln. Seit ich hier Pflegedienstleitung bin, haben wir auch unsere Räumlichkeiten umgestaltet um eine positivere Arbeitsatmosphäre zu generieren.
Welche Erfahrungen haben Sie durch die Umgestaltung gemacht?
Wie bereits erwähnt, decken wir unseren gesamten Personalbedarf durch interne Kräfte ab, also nicht mehr über Leiharbeiter. Unser Krankenstand ist auch sehr niedrig. Selbst ältere Mitarbeiter, denen man oft Wehwehchen nachsagt, sind nicht mehr krank als andere. Ich persönlich arbeite auch unwahrscheinlich gerne mit erfahrenen Kräften zusammen, da sie einfach mal über den Tellerrand schauen.
Des Weiteren konnten wir innerhalb eines Jahres unsere Dienstleistungen im hauswirtschaftlichen Bereich vervierfachen und unseren Umsatz beim Pflegedienst steigern. Das alles ist nur mit einem guten Team möglich. Das tolle Team wirkt sich auch wieder auf die Kundenzufriedenheit aus.
Was sind die wichtigsten Punkte für Sie im Umgang mit Personal?
Eine gute Beziehungsarbeit und Kommunikation mit den Mitarbeitern und noch bessere Organisation. Dazu kommt die Verlässlichkeit hinsichtlich einer pünktlichen und fairen Bezahlung
Ein ganz herzliches Dankeschön an Herrn Calliebe und dass er mich hinter die Kulissen schauen ließ!
Fazit: Auch in der Pflege ist Vereinbarkeit möglich! Es kommt nur auf die Organisation der Führungskraft und des Teams an! Und ein gutes Team muss gepflegt werden. Spricht sich das herum, kommt weiteres Personal oft fast von alleine!